Text und Fotos: Silke Dehe, 2024

Dufte Blume?

Der Duft ihrer strahlend gelben Blüten ist süß und verführerisch, doch soll Weidevieh diese bis 120 Zentimeter hohe Pflanze wegen ihres unangenehmen Geruchs meiden: Gemeint ist das Orientalische oder Glatte Zackenschötchen (Bunias orientalis), das sich neuerdings im Rhein-Lahn-Kreis und Westerwald vor allem entlang der Straßenränder zeigt und rasch ausbreitet. Die von Weitem rapsähnlich aussehende Pflanze, deren Blätter einen scharfen, kresseartigen Geschmack haben, stammt ursprünglich aus Osteuropa (Kaukasus) und zählt zu den invasiven gebietsfremden Arten. 

Eigenschaften

Die vier gelben Blütenblätter dieses Kreuzblüters sind etwas heller als beim Raps; die unteren, tief eingeschnittenen Grundblätter erinnern an eine dreigeteilte Lanzenspitze, die Stängelblätter sind ungeteilt, länger oval. Eindeutig zu identifizieren ist das Zackenschötchen an den höckerigen Früchten, die nach der Blütezeit (Mai bis August) am langen Stängel abstehen: Sie sind unsymmetrisch eiförmig mit einer krumm ausgezogenen, schnabelartig gebogenen Spitze. Anders als ihr Beiname „glatt“ erwarten lässt, spürt man am rauen Stängel kratzige Auswüchse, die beim näheren Hinsehen wie dunkelrote Borsten erscheinen. Das Zackenschötchen kann gut 12 Jahre alt werden und wurzelt bis 1,50 Meter tief – das verschafft ihm bei Trockenheit Vorteile gegenüber Pflanzen mit flacheren Wurzeln, die schneller an Wassermangel leiden und absterben. Obgleich die Pflanze ungiftig sein soll und der russischen Armee als Ergänzung von Pferdefutter diente, kann sie sich als nachteilig für die Heugewinnung erweisen: zum einen wird sie ungern gefressen, zum anderen trocknen ihre kräftigen Stängel langsamer und fördern die Schimmelbildung. Außerdem können sich die Samen über das Heu leichter verbreiten.

© Silke Dehe

Rasche Vermehrung

4.500 Früchte können an einer einzigen Pflanze reifen. Diese Früchte sind so schwer, dass sie nur ausnahmsweise am Fell von Tieren hängend fortgetragen werden und dann weiter entfernt von der Mutterpflanze keimen. Trotzdem verdrängt dieser Einwanderer heimische Pflanzen schnell: Die Samen haben eine hohe Keimungsrate und werden weder von Weidevieh noch von Schädlingen gefressen. Schneller als bei heimischen Pflanzen dringt die Keimwurzel vor allem in gestörten Böden (Acker, Weg- und Straßenränder, Viehtritt auf Weiden) ein und zieht Nährstoffe auf, sodass die Pflanzen rasch wachsen und schon im ersten Jahr blühen können. 

© Silke Dehe

Invasion im Westerwald?

Um die Mutterpflanze herum bildet sich bereits im zweiten Jahr ein Kranz aus Jungpflanzen, die ihre starken Grundblätter ausbreiten und anderen Pflanzen Licht nehmen, sodass schnell eine Monokultur des Zackenschötchens entsteht. Wie eine gelbe Welle überwallt dieser Neubürger seine machtlosen Nachbarpflanzen und unterdrückt sie. Noch sind bei uns am Straßenrand überwiegend Einzelpflanzen zu sehen, doch z.B. südlich von Rettert – etwa an der Quelle des Rettersbachs – erstickt schon ein ganzes Meer an Zackenschoten die ursprüngliche einheimische Vegetation.

Bekämpfung

Wer das Zackenschötchen entdeckt, kann dessen Ausbreitung verhindern helfen: Wegen der tiefen Pfahlwurzel lassen sich nur Jungpflanzen (nach längerem Regen) aus feuchtem Erdreich noch komplett aus dem Boden ziehen. Ältere Exemplare sollte man mit Wurzel ausstechen oder in der Blüte möglichst tief ausreißen und unbedingt entfernen, bevor die Früchte reifen. Am besten werden die Pflanzen an einem gesicherten Brandplatz aufgeschichtet und komplett verbrannt. Zwar wird dieser Einwanderer in seiner Heimat z.B. in Suppen gegessen, doch scheint die Pflanze auch Hautallergien auszulösen, weshalb es sich empfiehlt, während der Bekämpfungsmaßnahme Handschuhe zu tragen.

© Silke Dehe

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