NABU-Thema im September: Haufenweise Ärger

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Saubere Insel, …

Neulich waren wir auf der Insel Texel: Dieses holländische Naturparadies erreicht 60% der Fläche des Rhein-Lahn-Kreises und erlebt mit rund einer Million Übernachtungen pro Jahr durchaus Massentourismus. Erstaunlicherweise sind Texels Strände, Dünen, Heide- und Feldfluren blitzsauber, obwohl man außerhalb der wenigen Ortschaften nirgends Abfalleimer findet und auch keine Reinigungstrupps oder Ordnungskräfte antrifft. Ihren Abfall entsorgen die Bewohner und Besucher konsequent über die Hausmülltonnen, auch wenn sie ihn dafür mitunter stundenlang und kilometerweit transportieren müssen. Und obwohl man überall auf Hunde trifft, was uns als große Hundefreunde sehr freut, liegen praktisch nirgendwo Kothaufen. Kotbeutelspender gibt es dort übrigens ebenfalls nicht.

…dreckige Heimat.

Ist man hingegen in den Fluren und Wäldern beispielsweise rund um Diez unterwegs, sind Kippen, Papiere, Plastikmüll und eben auch Hundehaufen entlang der Wege und Gewässer allgegenwärtig. Sogar auf Friedhöfen und in Parks ist das so. Und das, obwohl an vielen Orten Abfalleimer und Beutelspender unentgeltlich bereitstehen. Das ist nicht nur ein ästhetisches Ärgernis, sondern ein echtes Umweltproblem, wie wir am Beispiel des Hundekots zeigen wollen.

Hundekot macht krank, …

Bellos Häufchen, die Herrchen und Frauchen bequem an Ort und Stelle liegenlassen, verursachen gleich mehrere Probleme. Sie sind nicht nur ein Unfallrisiko („Tretmine“), sondern insbesondere eine Infektionsgefahr für vulnerable Menschen und Tiere: Typische Darmparasiten von Hunden sind Spul-, Peitschen-, Haken- und Bandwürmer, Fuchsbandwurm, Giardien und Kokzidien. Weil Entwurmungen oft nicht durchgeführt werden – der Tierarzt wird ja immer teurer –, ist geschätzt jeder dritte Hund Träger dieser Darmwürmer. Deren Eier stecken dann im Kot und können bei Kontakt oder Einatmen aufgenommen werden. Dadurch werden seltene, aber lebensgefährliche Krankheiten ausgelöst.

…schadet der Landwirtschaft…

Hundehaufen auf Futterwiesen und Weideflächen sind zudem ein Problem für die Landwirtschaft: Die mitunter im Hundekot enthaltenen einzelligen Parasiten Neospora caninum bleiben lange Zeit an den Gräsern haften. Werden die verunreinigten Gräser von trächtigen Kühen, Schafen oder auch Wildtieren mitgefressen, kann dies zu Totgeburten führen. Aus Österreich wurden vor einigen Jahren drei Fälle in einem einzigen Milchviehbetrieb gemeldet, die eindeutig auf Infektionen durch Hundekot zurückzuführen waren. Schlachtvieh, dessen Fleisch bei der Beschau Finnen der Würmer aufweist, kann nicht mehr regulär vermarktet werden. Zudem wird das auf den verschmutzten Wiesen geerntete Grünfutter entwertet, denn wenn Hundekot in das Heu gelangt, wird ein großer Teil dieses Winterfutters von den Kühen verweigert. Hundekot in Getreidefeldern schließlich belastet direkt unsere Lebensmittelproduktion.

…und verseucht die Natur.

Weniger bekannt ist der Beitrag von Hundekot zur Überdüngung unserer Böden und Gewässer – einem der großen Probleme des Umwelt- und Naturschutzes. In einem mehrjährigen Forschungsprojekt der belgischen Universität Gent untersuchten Biowissenschaftler den Eintrag von Stickstoff und Phosphor durch Ausscheidungen von Hunden in Naturschutzgebieten. Dazu erfassten sie in großen Feldstudien die ausgeführten Hunde und deren Exkremente, nahmen Erdproben und rechneten die Befunde auf alle Naturschutzgebiete Belgiens hoch. Das Ergebnis ist erschreckend: Jährlich kommen pro Hektar rund 11 kg Stickstoff und 5 kg Phosphor zusammen, die beim Stickstoff hälftig auf Hundekot und -urin zurückgehen, beim Phosphor allein auf den Kot. Das ist – neben den atmosphärischen Einträgen aus Industrie, Verkehr und Landwirtschaft – ein Drittel der Gesamtbelastung! Diese Einträge eutrophieren Oberflächengewässer, vernichten ökologisch kostbare Magerflächen und ihre empfindlichen Lebensgemeinschaften und kontaminieren das Grundwasser. Weil in Schutzgebieten meist Leinenpflicht herrscht, konzentrieren sich die Hundeexkremente an den Wegrändern und belasten sie im Durchschnitt mit 175 kg Stickstoff und 73 kg Phosphor pro Hektar und Jahr – das überschreitet die gesetzlichen Grenzwerte für landwirtschaftliche Intensivdüngung! Wer den ökologischen Wert von Feldwegen und Ackerrandstreifen kennt, kann die Schäden für Umwelt und Biodiversität ermessen. Forscher der Universität Göttingen geben an, dass sich die belgischen Ergebnisse auf Deutschland übertragen lassen.

Einsammeln…

Die Folgerung aus alledem ist ganz einfach: Jeder Hundehalter sollte auch dort, wo es nicht bußgeldbewehrte Vorschrift ist, stets geeignete Beutel mitführen und den Kot seines Hundes ausnahmslos beseitigen. Dieser Kot schadet überall, auch außerorts! Und schon gar keine Rechtfertigung gibt es für die geradezu perverse Praktik, den Hundehaufen zunächst in einem Plastikbeutel einzusammeln und dann den gefüllten Beutel auf Felder oder in Hecken zu werfen! Hundekot ist entsorgungstechnisch ein Störstoff, der in den Restmüll gehört. Wollen die Beutelwerfer diesem Störstoff in der Natur auch noch Plastikmüll hinzufügen? Oder ist ihnen tatsächlich der kurze Weg zum nächsten Abfallbehälter zu weit?

…für unsere Natur!

Eigentlich unglaublich: Auf Texel halten fremde Touristen die Natur rein, obwohl sie bloß kurz zu Besuch sind. Und hierzulande verseuchen und verschandeln die Menschen ihre eigene Heimat, in der sie sicherlich immer wieder unterwegs sind. Machen Sie es anders! Und fassen Sie den Mut, jene Zeitgenossen, die ihren persönlichen Dreck in unser aller Natur hinterlassen wollen, auf nahegelegene Abfalleimer hinzuweisen.

Hundehaufen und 5 gefüllte Kotbeutel auf einem Feld bei Freiendiez. Ein Abfallbehälter steht nur 20 Meter entfernt. © Walther Adler
Abfalleimer mit Kotbeuteln im Diezer Hain. © Walther Adler
© NABU / Christopher Harms
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