NABU-Thema im Dezember: Gesundheitsrisiken im Vogelschutz?

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Furcht vor Ansteckung

Zigtausende Wildvögel sind bei uns an der grassierenden Vogelgrippe verendet, zu Abertausenden musste Nutzgeflügel gekeult werden. Angesichts dieser Virulenz fragen uns besorgte Naturfreunde, ob die Vogelgrippe auch Menschen befallen kann. Müssen also an der heimischen Vogelfutterstelle oder bei der Reinigung von Nistkästen Schutzmaßnahmen gegen Infektionen ergriffen oder vulnerable Menschen davon ferngehalten werden? Dazu können wir beruhigende Antworten geben. Zugleich wollen wir aber auf andere Gesundheitsrisiken hinweisen.

© NABU / Iris Barthel

Vogelgrippe H5N1

Vogelgrippe ist eine seit Jahrzehnten bekannte anzeigepflichtige Tierseuche, hervorgerufen durch das Influenza-A-Virus H5N1 und seine Varianten. Wissenschaftler geben an, dass H5N1 im Jahr 2020 in Asien eine neue, aggressivere Form angenommen hat. Unter den Wildvögeln hat diese Variante seither zu einer weltweiten Pest geführt, an der Millionen Tiere auf allen Kontinenten außer Australien eingegangen sind. Auch Säugetiere sind inzwischen betroffen: 2023 verursachte H5N1 in Südamerika ein Massensterben unter Seelöwen und See-Elefanten. Im selben Jahr war H5N1 in den USA auf Hausrinder übergesprungen, die die Infektion in der Regel überstanden. 2024 wurden in den USA erstmals Erkrankungsfälle bei Menschen beobachtet, die aber harmlos blieben. Ende November 2025 verstarb ein älterer US-Amerikaner mit Vorerkrankungen an dem Vogelgrippe-Subtyp H5N5. Es war in den USA die erste Infektion eines Menschen seit neun Monaten und der erste Todesfall überhaupt.
Nach Angaben der WHO sind seit 2003 weltweit rund 2.600 humane Erkrankungen und 1.100 Todesfälle mit den verschiedenen Vogelgrippeviren nachgewiesen worden. Aus Deutschland ist bislang keine einzige Erkrankung eines Menschen mit Vogelgrippe bekannt. Internationale Erfahrungen mit H5N1 zeigen, dass vor allem Menschen mit engem Kontakt zu infiziertem Nutzgeflügel gefährdet sind. Für sie gelten deshalb amtliche Empfehlungen hinsichtlich Vollkörper-Schutzausrüstung und Desinfektion. Die STIKO empfiehlt Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt zu Geflügel und infizierten Wildvögeln außerdem die saisonale Grippeschutzimpfung. Insgesamt ist laut dem RKI jedoch auch für diese Personen das Risiko sehr gering.

© NABU / Carsten Pusch

Keine H5N1-Gefahr am Futterhaus!

Speziell für Singvögel und für sie angelegte Fütterungsanlagen ist gemäß NABU und LBV die Gefährdung ohnehin minimal, denn an Vogelgrippe erkranken ganz überwiegend Wasser- und Hühnervögel. Die Experten beider Verbände betonen, dass Sing- oder Gartenvögel derzeit von der Vogelgrippe nicht betroffen sind. Sie können daher weiterhin am Vogelhaus im heimischen Garten gefüttert werden. Einschränkungen sind weder zum Schutz der Vögel noch zu dem der Menschen nötig. Dasselbe gilt nach unserer Ansicht für das Reinigen der Nistkästen – auch hier muss man sich wegen der Vogelgrippe derzeit keine Sorgen machen.

Hantaviren

Nicht übersehen sollte man jedoch andere, eigentlich altbekannte Gesundheitsrisiken. Zu nennen ist zunächst eine mögliche Infektion mit Hantaviren: Sie können das meldepflichtige „hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom“ (HFRS) auslösen, das mit schweren Nierenschädigungen sowie Fieber, Störung der Blutgerinnung und Blutungsneigung einhergeht. Bundesweit erkranken daran jährlich zwischen 100 und 2.500 Menschen. Der Schwerpunkt liegt in Baden-Württemberg. Wohl aktivitätsbedingt sind mehr als zwei Drittel der Erkrankten Männer. Kinder erkranken sehr selten. Überträger der Hantaviren sind infizierte Nager, in Deutschland besonders Rötelmäuse, die die Erreger mit dem Speichel und den Fäkalien ausscheiden. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt überwiegend durch Hautkontakt sowie durch Einatmen kontaminierter Stäube, z.B. beim Ausfegen einer Feldscheune. Zur Infektionsverhütung sollten die Bereiche gut gelüftet, Stäube befeuchtet und gereinigte Flächen desinfiziert werden. Bei den Arbeiten sollten FFP3-Staubschutzmasken – dafür wurden sie entwickelt! – und Einweghandschuhe getragen werden. Da Mäuse öfter Nistkästen beziehen und man bei deren Reinigung regelmäßig Stäube berührt und einatmet, können FFP3-Maske und Handschuhe einen sinnvollen Grundschutz bieten. Letztlich ist aber die Gesundheitsgefahr durch Hantaviren in unserer Gegend gering.

Rötelmaus © Hartmut Mletzko

Weitere Infektionskrankheiten

Da durch guten Impfschutz in Deutschland pro Jahr auch nur rund 10 Tetanusinfektionen auftreten und die berühmte Tollwut hierzulande schon seit 20 Jahren ausgestorben ist, stellen Infektionskrankheiten nach unserer Ansicht insgesamt kein wesentliches Risiko im Vogelschutz dar.

Unfallrisiken sind größer!

Leider gilt das nicht für Unfälle. Im Zusammenhang mit Nistkästen besonders relevant sind Absturzunfälle von Leitern: Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung zählt jährlich rund 20.000 gemeldete Arbeitsunfälle mit Leitern, bei denen etwa 10 Menschen sterben und 1.000 arbeitsunfähig werden. Zu leichten Stürzen und Leiterunfällen im Privatbereich gibt es keine Daten. Gemäß der Hannoverschen Versicherung ereignen sich allerdings jährlich rund eine halbe Million Unfälle beim Heimwerken und der Gartenarbeit. Auch in unserem persönlichen Umfeld sind schon schwerste Leiterunfälle vorgekommen. Mithin sprechen wir von einer sehr konkreten, alltäglichen Gefahr. Bitte üben Sie daher vor dem Nistkastensäubern den sicheren Umgang mit Leiter, Hammer und Säge, nehmen Sie nach Möglichkeit eine Begleitperson mit und vernachlässigen Sie niemals den Unfallschutz! Dies nicht nur im Eigeninteresse, sondern auch in Sinne der Natur, denn ein verunglückter Naturschützer kann keinen Nistkasten mehr aufhängen und keinen Vogel mehr füttern.

Rötelmaus © Frank Dehrer
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