Zeckenkarte besorgen!

Gestern war es leider wieder nötig: Ich musste mir eine Zecke aus der Haut entfernen. Mit den modernen Zeckenkarten aus der Apotheke – Spezialwerkzeugen im Scheckkartenformat – geht das zwar viel leichter als früher mit Pinzetten oder gar den Fingernägeln, aber trotzdem bleibt etwas Abscheu und vor allem die Sorge vor Krankheiten. Im Zweifelsfall geht man besser zum Arzt!

Erfolgreiche Blutsauger

Keiner mag sie, dabei sind Zecken wenn schon nicht sympathische, so doch faszinierende Tiere: Bereits seit den ersten Dinosauriern leben sie extrem erfolgreich als größte Milbenarten auf der Erde. Alle etwa 900 Zeckenarten sind blutsaugende Ektoparasiten an Wirbeltieren und oft bedeutende Krankheitsüberträger. In Deutschland ist der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) am häufigsten vertreten. Er lässt sich auf Gräsern und Sträuchern (meist unterhalb eines Meters Höhe) nieder, um dort geduldig auf einen Wirt für die nächste Blutmahlzeit zu warten. Zecken nehmen dabei neben der Erschütterung des Bodens mit dem vordersten ihrer vier Beinpaare (Hallersches Organ) auch Schweiß- und Atembestandteile wahr, um einen Wirt rechtzeitig zu erkennen, sich blitzschnell festzukrallen, eine passende Hautstelle zu suchen und zuzustechen. Mitunter warten sie auf diese Gelegenheit ein ganzes Jahr lang!

Gefährlicher Speichel

Beim Saugvorgang gibt die Zecke Speichel in die Wunde ab. Dieser enthält viele Hundert unterschiedliche Proteine, die größtenteils bei keiner anderen Tiergruppe gefunden wurden. Sie unterdrücken Wundverschluss und Blutgerinnung und hemmen Entzündungsreaktionen und Schmerzempfinden. Mit diesem Speichel können die Erreger gefährlicher, teils unheilbarer Krankheiten übertragen werden, so der Lyme-Borreliose, der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und der Babesiose. Damit ist die Zecke das gefährlichste Tier Deutschlands; kein Tier verursacht hierzulande so viele Krankheitsfälle wie sie!

Faszinierende Eigenschaften

Um sich zu einer ausgewachsenen Zecke zu entwickeln, braucht die Zecke drei Häutungen und dafür jeweils eine Blutmahlzeit. Erwachsene Weibchen können bei einer einzigen Mahlzeit ihr Körpergewicht um das 100- bis 200-fache erhöhen und dann bis zu zehn Jahre lang ohne weitere Nahrung überleben. Normalerweise vergehen zwei oder drei Jahre, bis eine Zecke erwachsen ist. Ab dann lautet die Mission: Paarung! Ist der Paarungsakt der Zecke erledigt, stirbt das viel kleinere Männchen umgehend; das Weibchen legt noch seine bis zu 20.000 Eier am Boden ab und stirbt anschließend ebenfalls. Bis dahin sind sie extrem robust. Zecken überleben z.B. drei Wochen unter Wasser und einen 40°-Gang in der Waschmaschine! Kritisch wird es erst, wenn besonders heiß gewaschen wird oder sie im Trockner landen. Verbreitung finden Zecken als blinde Passagiere z.B. in Holztransporten oder über die Fortbewegung ihrer Wirtstiere. So sind einige südeuropäische Zeckenarten und ihre hier neuartigen Krankheitserreger mit aus Spanien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien usw. „geretteten“ Hunden und Katzen zu uns gekommen und können sich nun hier durch den Klimawandel etablieren.

Biologischer Nutzen

Haben diese abscheulichen Zecken auch irgendeinen Nutzen? Oh ja! Biologen haben erforscht, dass Zecken eine wichtige Rolle im Ökosystem einnehmen: Zum einen sind sie wie auch weitere Parasiten eine bedeutende Nahrungsquelle für andere Lebewesen; Vögel beispielsweise zählen zu ihren größten Fressfeinden. Würde man alle Parasiten auf dem Planeten ausrotten, so würde ein Großteil der übrigen Lebewesen schlicht verhungern. Zum anderen siedeln sich manche Pilzarten auf Zecken an, Erdwespen und Fadenwürmer machen die Parasiten überdies selbst zum Wirt und töten sie am Ende sogar. Zecken helfen zudem dabei, die Bestände von Tieren oder Pflanzen in bestimmten Regionen zu regulieren und sorgen damit für eine natürliche Auslese. Ihr Wirken und Fehlen in einem Ökosystem macht sich immer dann bemerkbar, wenn fremde Arten in neue Lebensräume vordringen, dort auf keine störenden Parasiten treffen und sich deshalb ungehemmt ausbreiten können.

Gestärktes Immunsystem

Zudem wirken Zecken als Immunstärker und Evolutionsbeschleuniger: Viele Parasiten sorgen nämlich dafür, dass das Immunsystem anderer Lebewesen auf lange Sicht gestärkt wird, weil sich widerstandsfähige Wirte erfolgreicher fortpflanzen und ihre Nachkommen von Anfang an resistent gegen den Parasiten und seine Krankheitserreger sind. Dies kann langfristig einen positiven Einfluss auf die weitere Evolution einer Art haben.
Das gilt auch für uns: Parasiten halten das Immunsystem der Menschen immer ein wenig auf Trab. Fallen sie weg, hat die körpereigene Abwehr weniger zu tun - und richtet sich im schlimmsten Fall gegen uns selbst. So sind in westlichen Industrienationen durch gute Medizinversorgung und hohe Hygienestandards Wurmerkrankungen selten; aber gleichzeitig steigen Allergien und Autoimmunerkrankungen. Trotzdem noch einmal: Wenn Sie nach einem Zeckenbiss irgendwelche Krankheitszeichen an sich beobachten, dann gehen Sie unbedingt rasch zum Arzt.

Gemeiner Holzbock, © Frank Derer, NABU
Auwaldzecke, © Walther Adler 2017

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